Die WELT Channel: Hamburg / Ressort: Hansestadt Hamburg Erscheinungsdatum: 22. 08. 2001


Tierheim: Kaum noch Platz für Kampfhunde

Ausgesetzt, Wesenstest bestanden, aber nicht vermittelbar - Entschärfung der Situation nicht in Sicht

Von André Zand-Vakili

Ein gutes Jahr nach dem Inkrafttreten der Kampfhundeverordnung in Hamburg, gibt es in Hamburg kaum noch Platz für weitere Tiere. 275 Kampfhunde sind mittlerweile in der Hundehalle in Harburg und im Tierheim Süderstraße untergebracht. Zurzeit stehen in den beiden Einrichtungen noch vier Zwinger für weitere Hunde zur Verfügung. Eine Entschärfung der Situation ist nicht in Sicht. Weit mehr Hunde als zunächst angenommen, bestehen den Wesenstest und werden nicht eingeschläfert. Für sie sind aber nur sehr schwer neue Halter zu finden.

"Pawlow" ist ein solcher Fall. Der drei Jahre alte Rüde, eine Mischung aus Staffordshire- und Bullterrier, ist ein Kampfhund der Kategorie 1, in der die als am gefährlichsten geltenden Kampfhunde erfasst sind. Als die Kampfhundeverordnung in Kraft trat, wurde das Tier ausgesetzt. Seitdem ist sein Zuhause das Tierheim Süderstraße. Den Wesenstest hat er bestanden. "Pawlow" gilt als gutmütig. Haben möchte ihn trotzdem niemand. "Wir haben etwa 200 Hunde der Kategorie 1 und 2 vermittelt. Es wird aber immer schwieriger, weil es kaum geeignete Halter gibt", sagt Wolfgang Poggendorf, Geschäftsführer des Tierschutzvereins Hamburg. "Viele der Tiere wurden ohnehin schon an neue Halter, die außerhalb Hamburgs leben, vermittelt."

54 Kampfhunde leben zurzeit dort. Weitere 221 in Harburg. Fünf der Tiere sollen in naher Zukunft eingeschläfert werden, weil sie den Wesenstest nicht bestanden haben. "Die Masse der Hunde - und das haben wir in diesem Umfang nicht erwartet - besteht den Test", sagt Wolfgang Poggendorf. Seine Vermutung: Früher wurden vor allem Kampfhunde ausgesetzt, mit denen die Besitzer nicht mehr klar- kamen. Solche durch ihre "Erziehung" gestörten Hunde waren besonders aggressiv. Jetzt haben einige der eingezogenen Tiere laut Poggendorf "Schoßhundqualität". "Es geht nicht darum, das Problem zu verharmlosen", so Poggendorf. Natürlich hätten die Menschen einen Anspruch darauf, ohne Angst vor solchen Hunden durch einen Park gehen zu können. Die Hundeverordnung in Hamburg, die Maulkorb- und Leinenpflicht für bestimmte Rassen vorschreibt und hohe Anforderungen an die Halter stellt, kann er mittragen. Auch wenn er sie "nicht so toll" findet, weil allein die Rasse, aber nicht die Bissigkeit der Hunde eine Rolle zur Einstufung spielt. "Ein Rottweiler oder Dobermann kann weitaus gefährlicher sein als ein so genannter Kampfhund", sagt Poggendorf. Jetzt seien die Hunde und deren Halter stigmatisiert. "Es geht nicht nur um Pöbeleien, die sich die Menschen auf der Straße anhören müssen, die so einen Hund ausführen." Auch im Alltag müsste etwas für die Halter getan werden. So könnte ein spezieller Hundepass helfen, dass man gegenüber von Polizisten sofort glaubhaft machen kann, dass der Hund getestet und legal ist. "Hunde, die wir abgeben sind kastriert, haben den Wesenstest bestanden, haben die Hundeschule erfolgreich durchlaufen und haben dauerhaft einen Chip eingepflanzt bekommen, der stets eine Identifizierung möglich macht", so Poggendorf. Solche Hunde sind dann - und hier wurde die Hamburger Kampfhundeverordnung bereits aufgeweicht - nicht mehr dem erhöhten Steuersatz unterworfen. Sie sind sogar, weil vom Tierheim vermittelt, ein Jahr steuerfrei. Abgegeben werden solche Tiere nur an Personen, die schon vom Eindruck und Umfeld her in der Lage sind, ein solches Tier zu halten, und die auch die Genehmigung dafür vorweisen können.

Diesem befähigten Personenkreis sollte laut Poggendorf die Haltung so leicht wie möglich gemacht werden, um den "Kampfhundeberg" in Hamburg abzubauen. Daran müsste auch die Stadt ein Interesse haben. Denn jeder Hund, der im Tierheim oder in Harburg untergebracht werden muss, kostet pro Jahr rund 10.000 Mark Steuergelder. Das ist nicht das einzige und vielleicht kleinere Problem. Der Mietvertrag für die Halle in Harburg läuft bereits im August kommenden Jahres aus. Einen neuen Mietvertrag für die Halle, in der der überwiegende Großteil der eingezogenen, gefährlichen Hunde untergebracht sind, hat die Stadt noch nicht.