DIE WELT, 22.6.2002
Koalitionsstreit über neue Hundeverordnung

Regierungsfraktionen verschieben Initiative. CDU und Schill: Auch Schäferhunde und Rottweiler sollen auf die Rasseliste

Von Martin Kopp und André Zand-Vakili

In der Regierungskoalition von CDU, FDP und Schill-Partei ist ein Streit über die Hamburger Hundeverordnung entbrannt. Nach einer neuen Attacke, bei der ein Hund ein Kind verletzte, gibt es bei CDU und Schill-Partei Überlegungen, künftig auch Schäferhunde und Rottweiler auf die Liste gefährlicher Hunde zu setzen. Von der FDP wird dieses kategorisch abgelehnt.

Ausgangspunkt der neuerlichen Auseinandersetzungen ist ein Vorfall vom Donnerstag: Ein Rottweiler fiel in Harburg ein dreijähriges Mädchen an, das ihn erschreckt hatte. Der Vorfall verlief glimpflich, weil der Hund sich nicht in dem kleinen Kind verbiss. Es gab auch keinen Rechtsverstoß. Rottweiler stehen bisher nicht auf der Rasseliste. Erst vor ein paar Wochen hatte ein Schäferhund-Dobermann-Mischling zwei kleine Mädchen im Öjendorfer Park angefallen - auch diese Hunde stehen nicht auf der Liste.

"Die Vorfälle verdichten sich", meinte Jürgen Klimke, Abgeordneter der CDU-Fraktion, am Freitag, als er von der neuerlichen Attacke erfuhr. "Wir müssen schnell handeln." Doch eine rasche Lösung ist nicht in Sicht, weil sich die Koalitionsparteien gegenseitig blockieren.

Ekkehard Rumpf von der FDP hält die rechtliche Zuordnung der Hunde nach Rassen für untauglich und will die Listen endlich abschaffen. Damit stößt er bei der Schill-Partei auf Widerstand: "Wir wollen die Listen nicht abschaffen, sondern nur um andere Rassen erweitern", sagte Ilona Kasdepke, Bürgerschaftsabgeordnete der Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Das letzte Wort der Schill-Partei? Bei Kasdepkes Parteikollegin Karina Weber klang das vor ein paar Wochen noch ganz anders: "Die Rasselisten sind keine Lösung. Sie können auch Pinscher so scharf machen, dass sie eine Gefahr für Menschen darstellen." - In der Schill-Partei ist man sich uneins, und in der ganzen Koalition sieht es nicht besser aus.

"Wir sind uns wenigstens einig, dass wir die Rasselisten erweitern und dabei die Hunde nach ihrer Größe, ihrem Gewicht und der potenziellen Beißbereitschaft einstufen müssen", meinte Jürgen Klimke von der CDU. Schäferhunde und Rottweiler müssten berücksichtigt werden. "Das ist mit mir nicht zu machen", konterte Ekkehard Rumpf von der FDP. "Es gibt 100 000 Schäferhunde in Deutschland, mit denen ihre Halter wunderbar zurechtkommen."

Allenthalben Streit. Dabei wollten CDU, Schill-Partei und FDP die bisherige Hundeverordnung noch vor der Sommerpause in der Bürgerschaft kippen. Rasselisten sollten abgeschafft und Hunde künftig nach ihrer individuellen Gefährlichkeit eingestuft werden. Die Einführung eines Hundeführerscheins wurde propagiert. Doch das ist jetzt vom Tisch. "Uns wurde gesagt, dass wir vor dessen Einführung frühzeitig informiert würden", sagt ein Polizeibeamter. "Das ist bislang nicht geschehen. Wir gehen daher davon aus, dass alles so bleibt, wie es ist."

Dabei dürfte ein solcher Befähigungsnachweis für Hundehalter auf Grund der Erfahrungen der Polizei Sinn machen. Die Wasserschutzpolizei, die auch für die Durchführung der von Gerichten verfügten Einziehung von Kampfhunden zuständig ist, hat da ganz eigene Erfahrungen. Mit den 69 als gefährlich eingestuften Hunden, die die Beamten im vergangenen Jahr aus Hamburger Wohnungen abholten, hatte es keine Zwischenfälle gegeben. Mehr Probleme hätten dagegen die teilweise hoch aggressiven Halter der Tiere gemacht, hieß es bei der Polizei.