Auszüge aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18.7.2001 zur Frage der Versäumung der Genehmigungsfrist eines Kategorie-1-Hundes (Aktenzeichen 7 VG 2276/2001). Das OVG hat die Beschwerde der FHH Hamburg gegen diesen Beschluss am 24.10.01 abgewiesen. (2 Bs 271/01) (Hervorhebungen: Interessengemeinschaft verantw. Hundehalter)

"Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen eine Verfügung der Antragsgegnerin, mit der diese die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes abgelehnt hat, die Haltung des Hundes untersagt sowie dessen Sicherstellung und Einziehung angeordnet hat.

Die Antragstellerin ist Halterin des vierjährigen englischen Staffordshire Bullterrier mit Namen C., der seit drei Jahren in ihrer Familie lebt.

Am 28.5.2001 beantragte die Antragstellerin die Erlaubnis zum Halten des Hundes (...). Sie fügte dem Antrag die (...) erforderlichen Nachweise für die Erlaubniserteilung bei mit Ausnahme der Bescheinigung über den Besuch einer Hundeschule. Insofern reichte sie lediglich die Anmeldung zu einem Kurs ein (...). Den Antrag begründete die Antragstellerin damit, dass alle Familienmitglieder in den vergangenen Jahren zu dem Hund eine intensive Beziehung aufgebaut hätten, ihn liebten und deshalb behalten wollten. (...) In einem mit dem Antrag eingereichten ergänzenden Schreiben führte die Antragstellerin aus, sie habe erst jetzt erfahren, dass eine Erlaubnis zum Halten des Hundes erforderlich sei. Da sie das maßgebliche Infoblatt nicht vollständig gelesen habe, sei sie vorher davon ausgegangen, mit dem tierärztlichen Gutachten alles Erforderliche veranlasst zu haben.

Mit Bescheid vom 6.6.2001 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit der Begründung ab, eine Erlaubnis könne nicht mehr erteilt werden, weil der Antrag erst nach dem 28.11.2000 gestellt worden sei.

(...).

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache (...) Erfolg (...). Das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels überwiegt hier gegenwärtig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Zwar dürfte die Antragsgegnerin derzeit zu Recht die Haltung des Hundes untersagt haben. Auf der anderen Seite ist die vom Hund der Antragstellerin ausgehende Gefahr vorliegend als gering einzuschätzen. Außerdem dürfte die Antragsgegnerin die Erteilung der Erlaubnis zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt haben, dass die Erlaubnis nicht rechtzeitig beantragt worden sei. Vielmehr spricht bei summarischer Prüfung einiges dafür, dass der Antragstellerin die Erlaubnis nach dem Nachweis des Besuches der Hundeschule zu erteilen sein wird. Bei dieser Sachlage sind die mit einem Sofortvollzug verbundenen Nachteile – insbesondere ein möglicher Schaden des Hundes durch die Trennung von seinen menschlichen Bezugspersonen und die Zwingerhaltung in der öffentlichen Verwahrung – gegenwärtig als gewichtiger einzuschätzen als die bei einem Belassen des Tieres in der Obhut der Antragstellerin zu befürchtenden Gefahren. (...)

Die vom Hund der Antragstellerin ausgehende Gefahr ist nach dem vorgelegten ausführlichen Gutachten der Tierärztin Dr. R. vom 14.2.2001 als gering einzuschätzen. Grundlage des Gutachtens war ein von der Tierärztin durchgeführter Wesenstest, in dem die Reaktion des Hundes auf verschiedene Reaktionen untersucht wurde. Der Hund hat dabei auch in bedrohlichen Situationen – sowohl gegenüber Menschen als auch anderen Hunden – stets ausweichend reagiert und kein einziges Mal aggressives Verhalten gezeigt. Ihm wird zudem bescheinigt, der Antragstellerin gut zu gehorchen.

3.         Die Antragsgegnerin dürfte die Erteilung der Erlaubnis zum Halten des Hundes hier zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt haben, die Erlaubnis sei nicht rechtzeitig beantragt worden. (...) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin folgt zunächst aus der verspäteten Antragstellung nicht zwingend die Ablehnung der Erlaubnis. Dies ergibt sich weder aus der Übergangsvorschrift des § 11 noch sonst aus der Verordnung. Bestimmt ist lediglich, dass derjenige, der ohne die erforderliche Erlaubnis einen gefährlichen Hund hält, ordnungswidrig handelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a). (...)

Die späte Antragstellung führt hier auch nicht dazu, dass der Erlaubnisantrag wegen fehlender Zuverlässigkeit nach § 3 HundeV0 abzulehnen ist. Eine Versäumung der sich aus der Verordnung ergebenden Pflicht, für das Halten eines gefährlichen Hundes eine Erlaubnis zu beantragen, dürfte zwar auch dazu führen können, die Zuverlässigkeit zu verneinen. Hierbei müssen aber alle konkreten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden. Danach ist hier der Schluss auf eine Unzuverlässigkeit der Antragstellerin für den Umgang mit einem gefährlichen Hund nicht gerechtfertigt. Maßgeblich ist dabei zum einen die durch (...) gekennzeichnete familiäre Situation, die nach dem glaubhaften Vortrag der Antragstellerin - Anlass für die unzureichende Information über die neuen Verpflichtungen bei der Hundehaltung war.  Zum anderen hat die Antragstellerin sofort nach Kenntniserlangung über die erforderliche Erlaubnis alles Nötige veranlasst, um die geforderten Nachweise zu erbringen. Lediglich den Besuch der Hundeschule hat sie noch nicht nachgewiesen, sondern insofern erst eine Anmeldung eingereicht, was - wie eine telefonische Nachfrage ergeben hat - mit einem geplanten Urlaub zusammenhängt; ein Verhalten, das angesichts der Auskunft seitens der Antragsgegnerin, eine Erlaubniserteilung komme überhaupt nicht mehr in Frage, nicht zu Lasten der Antragstellerin gewertet werden darf.

Es ist zu erwarten, dass die Antragstellerin in Kürze, nämlich nach dem Nachweis über den Besuch der Hundeschule, einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis haben wird. Insbesondere dürfte es hierfür nicht an einem berechtigten Interesse an der Haltung des Hundes fehlen (...) da der Hund C. bereits seit drei Jahren von der Familie der Antragstellerin gehalten wird. Darauf, wer innerhalb der Familie Halter ist, kommt es an dieser Stelle nicht an."