Ein Leben mit Tieren

Aber 17 Kampfhunde haben das Leben von Anne Feddersen ziemlich durcheinander gebracht.

Hinter dem kleinen Bauernhaus in Rübke laufen neun Hunde über den Hof. Einige liegen faul in der Sonne, zwei beginnen einen spielerischen Kampf. Das ändert sich schlagartig, als ich den Hof betrete. Alle kommen sie an, stupsen mit den Schnauzen an meine Hände, einer springt an mir hoch, alle möchten sie gestreichelt werden.

Sie lassen mich erst in Ruhe, als Anne Feddersen beginnt, Leckerbissen zu verteilen. Mit "sitz" und gezielter Ansprache an einzelne Hunde versammelt sie das Rudel um sich herum – eine Belohnung bekommt nur, wer sich ordentlich hinsetzt. "Die meisten sind Hunde der Kategorie I", erklärt die Hofbesitzerin, die das Wort "Kampfhund" rigoros ablehnt. "Alle Hunde können kämpfen. Und manche werden gezielt scharf gemacht, zum Beispiel einige Ptibulls, Dobermänner und Deutsche Schäferhunde. Aber einige davon sind auf der Liste der gefährlichen Hunde, andere nicht. Für mich sind die Rassen auf der Liste diskriminierte Hunderassen."

Anne Feddersen hatte schon als Kind einen Mastiff, sie wurde mit Hunden und Tieren groß. Die gelernte Verkäuferin – mit einer Lehre im Zoo oder beim Tierarzt klappte es nicht – wohnt seit vierzehn Jahren mit ihrem Mann und drei Kindern in Rübke.

Natürlich waren immer ein bis zwei Hunde mit dabei, dazu noch zahlreiche andere Tiere. Zur Zeit besitzt die Familie drei Pferde, ein Minischwein und drei Hunde.

"Dass es so viele Hunde werden, habe ich nie geplant", berichtet die 44-Jährige. "Anfang 2000 habe ich mich für den neu gegründeten Verein Bulli & Co interessiert, weil ich selbst einen Hund einer diskriminierten Rasse besaß. Ich wurde zweite Vorsitzende des Vereins. Wir hatten zum Ziel, Hunde, die gequält und schlecht gehalten werden, ihren Besitzern wegzunehmen. Natürlich war ich bereit, den einen oder anderen Hund bei mir aufzunehmen. Ich erinnere mich noch genau an Gina, einen so genannten Kampfhund, der mit seinen neugeborenen Welpen vom Landkreis Harburg aus einem engen Verschlag sichergestellt wurde." Anne Feddersen nahm Gina und einige andere Hunde vorübergehend auf und vermittelte sie an sachkundige neue Besitzer.

Die Situation änderte sich schlagartig, nachdem am 6. Juni 2000 ein Kind totgebissen wurde. Seitdem die neue Verordnung greift, kann sie sich vor Hunden nicht retten. Erst wurden die Pferdeboxen zu Zwingern umgebaut, dann die Scheune mit Zwingern gefüllt. Zur Zeit leben zusätzlich zu den drei eigenen Hunden vierzehn Hunde des Vereins Bulli & Co auf dem Hof. Von jedem kann Anne Feddersen ein trauriges Schicksal erzählen. "Neun von den Hunden leben als Rudel: Bull-Mastiff-Mix, Dobermann oder Whippet-Cattledog, ausgesetzt, vernachlässigt, weggenommen. Sie sind untereinander verträglich und laufen immer zusammen. Die anderen müssen wir einzeln halten, sie kommen nach einem genauen Stundenplan raus, wenn das Rudel eingesperrt ist. Alle älteren Hunde haben den Wesenstest bestanden, wir trainieren mit ihnen auf dem Hundeplatz Buxtehude, wo Hunde jeglicher Rasse willkommen sind. Mit Wesenstest werden die Hunde vermittelt, wir gucken uns jeden neuen Platz gut an. Mehr als 80 Hunde haben wir vom Verein schon vermittelt, aber einige kommen auch wieder zurück. Zum Beispiel wenn der neue Besitzer die Vorbehalte von Freunden und Bekannten unterschätzt hat."

Die Familie steht hinter ihr

Sie selbst hat damit keine Probleme: Die Nachbarn bekommen nicht so viel von den Hunden mit, und die Familie steht voll hinter ihr. Die älteste Tochter Julia, inzwischen ausgezogen, arbeitet in ihrer Freizeit auch als Hundetrainerin. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Polizei wird die engagierte Frau nun von Behörden, Polizei und einigen Privatleuten unterstützt.

"Ohne Spenden könnte ich kaum etwas machen – die Hunde müssen geimpft werden und zum Tierarzt, sie brauchen Futter, Decken, Halsbänder, Leinen ...

Ich wünsche mir von der Gemeinde Neu Wulmstorf, dass die erhöhte Hundesteuer für Hunde mit Wesenstest wegfällt, dann könnte ich die Tiere viel einfacher vermitteln. Ich freue mich über eine Hundepatin, die regelmäßig kommt, mit einem der Hunde trainiert und ausgeht."

Mit den anderen Hunden trainiert sie selbst – Freizeit bleibt da nicht. "Aber ich mache es gern. Mein Traum wäre es, bei Dannenberg ein Therapiezentrum für Hunde aufzubauen, mitten auf dem Land, wo es keinen stört." Ein Hund kommt kläffend herein und unterbricht das Gespräch. "Vorsicht", sagt Anne Feddersen. "Das ist der Schlimmste. Alle anderen sind ruhig, aber dieser kläfft unentwegt und beißt auch zu, wenn man nicht damit rechnet.
Doch dieser steht als einziger auf keiner Liste, dieser ist ein Cocker-Spaniel."

Aus: Vor Ort 2/2001