Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Bericht 2000

14.2 Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach der Hundeverordnung

Der Schutz vor gefährlichen Hunden ist ein bedeutsames Anliegen, das jedoch nicht ohne Rücksicht auf den Datenschutz verwirklicht werden darf.

Am 18. Juli 2000 hat der Senat die Hundeverordnung erlassen. Danach unterliegt das Halten gefährlicher Hunde einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Erteilung einer Erlaubnis setzt das Vorliegen eines berechtigten Interesses, Zuverlässigkeit und Sachkunde der Hundehalterin bzw. des Hundehalters, den Nachweis der Erziehung und der Sterilisation oder Kastration des Hundes sowie das Bestehen einer besonderen Haftpflichtversicherung und eine fälschungssichere Kennzeichnung des Hundes durch Mikrochip voraus. § 3 der Hundeverordnung legt im Einzelnen fest, wann die erforderliche Zuverlässigkeit für den Umgang mit gefährlichen Hunden fehlt. Aussagen über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung enthält die Hundeverordnung dagegen nicht.

Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) und das Senatsamt für Bezirksangelegenheiten (SfB) haben uns bei der Konzeption und Durchführung der Hundeverordnung von Anfang an völlig unzureichend beteiligt. In die Behördenabstimmung zur Hundeverordnung wurden wir nicht einbezogen, obgleich die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Hundehalterinnen bzw. Hundehaltern offensichtlich Belange des Datenschutzes berühren. Unsere Anregung, Erkenntnisse aus Zuverlässigkeitsüberprüfungen einer strengen Zweckbindung zu unterwerfen, griff der Senat nicht auf. Zu den Sitzungen der Koordinatorengruppe der Behörden wurden wir nicht eingeladen. Erst auf mehrfache Erinnerung übersandte uns das SfB im November 2000 den Vordruck für Erlaubnisanträge zum Halten gefährlicher Hunde. Zu diesem Zeitpunkt hatten die zuständigen Wirtschafts- und Ordnungsämter der Bezirke den Vordruck bereits in fast 200 Fällen verwendet.

Das Antragsformular weist gravierende datenschutzrechtliche Mängel auf. Die Antragstellerinnen bzw. Antragsteller müssen eine Einwilligungserklärung unterzeichnen, die Datenübermittlungen der Polizei sowie der Gesundheits- und Umweltämter an die Wirtschafts- und Ordnungsämter umfasst. Diese Einwilligungserklärung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Ihr kommt auch keine rechtserhebliche Bedeutung zu; Voraussetzungen und Umfang der zulässigen Datenübermittlungen bestimmen sich vielmehr allein nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Dies hat nunmehr auch die BAGS eingeräumt und angekündigt, den Antragsvordruck überarbeiten zu wollen. Wir haben darüber hinaus gefordert, die weitere Verwendung des Formulars bis zur Klärung der datenschutzrechtlichen Problematik auszusetzen. Der Vordruck trägt nicht zur Transparenz der Rechtslage bei, sondern ruft im Gegenteil Verunsicherung bei den Betroffenen hervor. Dies bestätigen Anfragen an unsere Dienststelle.

BAGS und SfB haben uns ferner mitgeteilt, dass mit der Zuverlässigkeitsüberprüfung gleich nach Antragstellung begonnen wird. Die Wirtschafts- und Ordnungsämter erheben somit frühzeitig sehr sensible Daten, z.B. über Vorstrafen, psychische Krankheiten und Drogenabhängigkeit, obgleich der Antrag möglicherweise unabhängig vom Ergebnis der Zuverlässigkeitsüberprüfung aus anderen Gründen ohnehin abgelehnt werden muss. Zwar werden auch bei der Prüfung des berechtigten Interesses und der Sachkunde personenbezogene Daten verarbeitet. Die Frage, ob im Hinblick auf eine besonders intensive Beziehung zum Hund, einen nachweislich hohen Aufwand für Pflege und Erziehung des Hundes oder ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben von einem berechtigten Interesse auszugehen ist, sowie der Nachweis über Ausbildung und Erfahrung im Umgang mit Hunden sind in ihrer datenschutzrechtlichen Sensibilität jedoch nicht annähernd mit Datenerhebungen vergleichbar, die sich auf strafrechtliche Erkenntnisse oder geistige und seelische Behinderungen beziehen.

Auch das Argument der BAGS, die Zuverlässigkeitsüberprüfung könne wichtige Indizien für das Fehlen eines berechtigten Interesses vermitteln, überzeugt nicht. Umgekehrt können nämlich auch die Ausführungen, mit denen das berechtigte Interesse dargelegt wird, auf mangelnde Zuverlässigkeit hindeuten. Unter dem Gesichtspunkt des Aussagewerts für das berechtigte Interesse läge es im Übrigen näher, sich vorrangig auf den Sachkundenachweis zu konzentrieren. Ergibt das tierärztliche Gutachten, dass jegliche Erfahrung der Antragstellerin bzw. des Antragstellers im Umgang mit Hunden fehlt, so spricht dies zugleich gegen eine soziale Integration des Hundes und eine besonders aufwändige Beschäftigung mit dem Tier.

Die datenschutzrechtlichen Bedenken können schließlich nicht durch den Hinweis ausgeräumt werden, dass eine zeitnahe Einleitung der Zuverlässigkeitsüberprüfung die Antragstellerinnen bzw. Antragsteller von vermeidbaren finanziellen Aufwendungen für Gutachten und Nachweise entlaste, die bei festgestellter persönlicher Unzuverlässigkeit den Verfahrensausgang ohnehin nicht mehr positiv beeinflussen können. Die Betroffenen sollten vielmehr nach Aufklärung über das Kostenrisiko die Reihenfolge der Prüfungsschritte selbst bestimmen können. Wer bereit ist, sofort auf eigene Kosten ein Gutachten in Auftrag zu geben, um zwischenzeitlich polizeiliche Datenspeicherungen überprüfen zu lassen, sollte diese Möglichkeit erhalten. Erfolgt die Überprüfung, bevor polizeiliche Erkenntnisse an die Wirtschafts- und Ordnungsämter übermittelt und von diesen zur Begründung eines die Erlaubnis versagenden Bescheids herangezogen werden, so wird damit nicht nur dem Datenschutz gedient, sondern zugleich das Risiko einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung verringert.

Den Vollzug der Hundeverordnung werden wir bei den Wirtschafts- und Ordnungsämtern der Bezirke Hamburg – Mitte und Altona datenschutzrechtlich kontrollieren.

 Der vollständige Bericht: http://www.hamburg.de/Behoerden/HmbDSB/tb2000/tb2000.html