Die Bedeutung des Urteils für Hamburg

Die Hamburger HundeVO muss sich an den Kriterien messen lassen, die das BVerwG in seinem Urteil zur Niedersächsischen GefahrtierVO aufgestellt hat. Insbesondere gilt die in der Presseerklärung des 6. Senats des BVerwG formulierte Feststellung, wonach "Eingriffe der staatlichen Verwaltung in die Freiheitssphäre – hier der Hundehalter – zum Zweck der Gefahrenvorsorge nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in einem besonderen Gesetz vorgesehen sein müssen."

Ein solches besonderes Gesetz liegt in Hamburg nicht vor. Zwar hat die Bürgerschaft das Hamburger Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) am 17.7.2000 um den §1a erweitert und damit eine differenziertere Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer HundeVO geschaffen als dies beispielsweise in Niedersachsen der Fall ist.

Den Anforderungen der Rechtsprechung dürfte diese jedoch nicht genügen. Wie das Gericht in seiner Urteilsverkündung am 3.7.02 betonte, muss vielmehr der Gesetzgeber – in Hamburg also die Bürgerschaft - die "Abwägung der widerstreitenden Interessen" selbst vornehmen. Das BVerwG folgt nämlich keinesfalls der Annahme, dass Hunde alleine wegen ihrer Rassezugehörigkeit eine erhöhte Gefahr darstellen, sondern dass nur von einem Gefahrenverdacht ausgegangen werden kann und diesbezügliche Regelungen als Risikovorsorge anzusehen sind.

Wegen der mit den Regelungen verbundenen Grundrechtseingriffe bedeutet dies für Hamburg, dass der Gesetzgeber u.a. selber regeln muss, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Beschränkungen Hunde gehalten oder ihre Haltung untersagt werden dürfen oder die Ordnungsbehörde ihre Haltung untersagen kann. Genau dies ist im SOG aber nicht geregelt. Auch dürfte es den Anforderungen des BVerwG nicht genügen, dass die Bürgerschaft den Verordnungsgeber nur allgemein ermächtigt hat, Rassen aufzulisten, für die die "Eigenschaft als gefährliche Hunde" vermutet wird. Vielmehr hätte die Bürgerschaft selber bestimmen und verantworten müssen, welche Rassen dies sein oder nicht sein sollen.

Unabhängig von der Frage der Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber gilt, was das BVerwG im letzten Absatz der Presseerklärung deutlich gemacht hat:
im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes bestehen gewichtige Bedenken dagegen, dass der Verordnungsgeber es unterlassen hat, seine Regelungen namentlich auf den Deutschen Schäferhund zu erstrecken. Dieser Feststellung ist zu entnehmen, dass Rasselisten - wie die der Hamburger HundeVO - selbst dann beim BVerwG keinen Bestand haben dürften, wenn sie vom Parlament erlassen werden sollten.

In der öffentlichen Verhandlung am 3.7.02 hat der 6. Senat des BVerwG zu erkennen gegeben, dass er Regelungen, die nicht an Rassezugehörigkeit anknüpfen, für deutlich weniger bedenklich hält. Näheres wird sicher der schriftlichen Urteilsbegründung zu entnehmen sein.