BÜRGERSCHAFT

DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG                             Drucksache            16/4961

16. Wahlperiode                                                                                                             03.11.00

 

 

 

 

Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Michael Fuchs (CDU) vom 24.10.00

und Antwort des Senats

 

Betr.: Die Hundeverordnung

 

Eine Rechtsverordnung soll nicht nur Einzelfälle, sondern eine größere noch nicht genau übersehbare Zahl gleichgelagerter Fälle einheitlich regeln und für den Bürger Rechtssicherheit herstellen.

Die „Hundeverordnung“ hat nach mir vorliegenden Informationen zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit unter den Besitzern von sogenannten Kampfhunden geführt. In der Praxis könnte dies dazu führen, dass gefährliche Hunde nicht angemeldet werden, weil die Besitzer nicht absehen können, ob sie ihre Tiere später behalten können.

Diese Unsicherheit könnte die Umsetzung der neuen Hundeverordnung behindern und zu einer „Zahnlosigkeit“ der Verordnung führen.

Daher frage ich den Senat:

1. Wie viele Hunde der beiden Kategorien wurden bis zum 15. Oktober angemeldet?

Bis zum 19. Oktober 2000 sind für 157 Hunde der Kategorie I und für 21 Hunde der Kategorie II Erlaubnisse sowie für 105 Hunde der Kategorie II Freistellungen von der Erlaubnispflicht beantragt worden.

2. Haben mittlerweile Hundebesitzer ihr berechtigtes Interesse an der Haltung von Kampfhunden nachgewiesen? Wenn ja, wie viele Hundebesitzer, für welche Hunderassen, und kann aus dem Ergebnis eine Konkretisierung des Rechtsbegriffes „berechtigtes Interesse“ gefolgert werden?

Ja. Zwei Besitzer von Hunden der Kategorie I und elf Besitzer von Kategorie-II-Hunden haben ein berechtigtes Interesse nachgewiesen. Eine Differenzierung nach Rassen wird in der statistischen Erfassung nicht vorgenommen, im übrigen wird auf die Antworten zu 3. und zu 4.a) bis d) verwiesen.

3. Durch welche Maßnahmen hat der Senat sichergestellt, dass die Wirtschafts- und Ordnungsämter in den Bezirken unbestimmte Rechtsbegriffe wie z.B. „berechtigtes Interesse“ einheitlich auslegen?

Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Berechtigtes Interesse“ ist mehrfach in Dienstbesprechungen zwischen Fachbehörde und Bezirksämtern erörtert worden. Protokolle darüber sind allen Wirtschafts- und Ordnungsdienststellen zur Verfügung gestellt worden. Darüber hinaus sind die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in zwei Fortbildungsveranstaltungen geschult worden. Die beim Bezirksamt Hamburg-Mitte zur Koordination derartiger Fragen eingerichtete halbe Stelle Jurist/Juristin ist zwischenzeitlich besetzt worden.

4. a) Wie definiert der Senat das „berechtigte Interesse“ eines Hundehalters, der die in § 1 Absatz 1 der Hundeverordnung genannten Rassen und Gruppen hält?

b) Wie definiert der Senat ein „berechtigtes Interesse“ eines Halters, der Hunde der in § 1 Absatz 2 der Hundeverordnung genannten Rassen hält?

c) Wie definiert der Senat ein „berechtigtes Interesse“ eines Halters, der Hunde nach § 1 der Hundeverordnung genannten Rassen und Gruppen neu anschaffen möchte?

d) Welches „berechtigte Interesse“ können potentielle Halter eines zu vermittelnden Hundes geltend machen?

Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes sind stets die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen. Der Antragsteller muß darlegen, warum aufgrund dieser Besonderheiten im konkreten Fall entgegen dem grundsätzlichen Verbot des § 2 Absatz 1 der Hundeverordnung das Vorliegen eines berechtigten Interesses anzunehmen ist. Dabei ist zwischen Neuanschaffungen und „Altfällen“ zu unterscheiden: Bei Neuanschaffungen kann ein berechtigtes Interesse bei wissenschaftlichen Forschungsvorhaben oder in Fällen besonders ausgeprägten Tierschutzinteresses (Übernahme eines wesensgeprüften Hundes aus dem Tierheim des Hamburger Tierschutzvereins) angenommen werden. Schutz- und Bewachungsbedürfnisse sind grundsätzlich keine hinreichenden Gründe, weil sie auch mit Schutz- und Wachhunden zu befriedigen sind, die keine gefährlichen Hunde im Sinne der Hundeverordnung sind. Wurde ein gefährlicher Hund bereits beim Inkrafttreten der Hundeverordnung gehalten, kann in besonders gelagerten Fällen nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ein berechtigtes Interesse an der weiteren Haltung dieses Hundes anzunehmen sein. Ein berechtigtes Interesse am Halten des Hundes kann dabei insbesondere durch besonders intensive Mensch-Tier-Beziehungen (z.B. langjährige Haltung als einziger „Sozialpartner“ oder integrierter „Familienhund“), durch besonders hohen, nachgewiesenen Aufwand für Pflege und Entwicklung des Hundes oder durch Erfordernisse zur wissenschaftlichen Forschung dargelegt werden. Im übrigen müssen die weiteren Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sein.

5. a) Welchen Grad an Abstammung der in § 1 Absatz 1 und 2 der Hundeverordnung genannten Rassen und Gruppen muß ein Hund haben, um als „Kampfhund“ nach der Hundeverordnung eingestuft zu werden?

b) Wie wird dieser Grad der Abstammung festgelegt?

c) Nach welchen Methoden werden von den zuständigen Behörden die in der Verordnung benannten „Kreuzungen“ ermittelt?

Die Zugehörigkeit eines Tieres zu den unter § 1 Absätze 1 oder 2 genannten Hunden kann nur aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes – des Phänotypus – vorgenommen werden. In Zweifelsfällen erfolgt eine Begutachtung durch Amtstierärztinnen und Amtstierärzte auf rassetypische Merkmale.

6. Welche konkreten Anforderungen werden an Tierärzte bzw. Sachverständige  seitens der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales gestellt, die nach § 2 der Hundeverordnung die Ungefährlichkeit eines Hundes feststellen?

Die Benennung geeigneter Tierärztinnen und Tierärzte erfolgt durch die Tierärztekammer Hamburg. Benannt werden nur Fachtierärztinnen oder Fachtierärzte für Verhaltenskunde und Tierärztinnen und Tierärzte, die sich einschlägig fortgebildet haben und in den Wesenstest haben einweisen lassen. Akzeptiert werden auch Sachverständige, die in anderen Ländern anerkannt sind.

7. a) Wieviele und welche Hundeschulen bilden zur Zeit die Halter von Hunden der in § 1 der Hundeverordnung genannten Rassen und Gruppen aus?

In und um Hamburg haben sich 61 Hundeschulen in die betreffende Liste eintragen lassen; dabei handelt es sich sowohl um tierärztlich oder durch Hundeausbilder privatwirtschaftlich betriebene Einrichtungen als auch um Hundevereine. Wie viele dieser Hundeschulen zur Zeit Hunde im Sinne des § 1 der Hundeverordnung ausbilden, ist der zuständigen Behörde nicht bekannt.

7. b) Welche Kriterien muß eine derartige Hundeschule erfüllen?

Die Hundeschulen  müssen eine Begleithundausbildung mit Abschlussprüfung anbieten oder sich zu einer vergleichbaren Gruppenschulung mit sogenanntem Teamtest verpflichten.

8. a )Welche Kriterien müssen im einzelnen erfüllt werden, damit Hunde im Sinne der Hundeverordnung als unvermittelbar eingestuft werden?

Als unvermittelbar gelten Hunde, bei denen Tatsachen darauf schließen lassen, dass sie auch in Zukunft eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Mensch oder Tier darstellen. Solche Tatsachen können sich auch aus Aggressions- und Wesenstests ergeben. Im übrigen wird eine Unvermittelbarkeit nur angenommen, wenn im Einzelfall entsprechende Vermittlungsbemühungen des Hamburger Tierschutzvereins  von 1841 e.V. erfolglos geblieben sind.

8. b) Wie lange wird ein Hund zur Weitervermittlung untergebracht, bevor er nach Maßgabe des Tierschutzgesetzes getötet werden kann?

Eine schematische Zeitbegrenzung würde den unterschiedlichen Einzelfällen nicht gerecht. Der Hamburger Tierschutzverein nutzt seine jahrelangen Erfahrungen, um je nach Alter, Aussehen und Wesen eines Hundes einen angemessenen Zeitraum für erfolgversprechende Vermittlungsbemühungen festzulegen.

8. c) Darf ein zur Vermittlung freigegebener Hund an interessierte Halter vermittelt werden, um die Tötung des Hundes zu verhindern? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Ja, unter den Bedingungen der Hundeverordnung (vgl. Antwort zu 4.a bis d).

9. Kann bereits eine Erlaubnis zur Haltung eines Hundes nach § 2 der Hundeverordnung beantragt werden, bevor der Hund von einem Interessierten angeschafft wird? Wenn ja, welches Verfahren hat der Senat hierfür vorgesehen? Wenn nein, warum nicht?

Ja, dies sollte regelhaft geschehen, sobald die in der Hundeverordnung vorgesehenen Bedingungen wie Kastration oder Sterilisation und Kennzeichnung im einzelnen nachgewiesen werden können; eines besonderen Verfahrens bedarf es nicht.

 

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